Der Weg zu mir - Aufbruch in ein neues Lebensgefühl

Almenland Inge

"Das Leben liefert den Nektar und wir machen daraus den Honig." Dieses wertschätzende und positive Bild beschreibt Biografiearbeit sehr gut. Biografiearbeit ist stark im Kommen und in Verbindung mit Wandern eröffnet sich eine weitere Dimension, um zur inneren Freiheit zu finden.

Was ist Biografiearbeit und welche Bedeutung hat sie für uns?

Schulz von Thun schreibt von der biografischen Fülle in seinem 5-Felder-Modell und in der japanischen Lebenskunst spricht man vom Loslassen lernen, um zur inneren Freiheit zu finden. 

Unsere Kindheit, die Herkunftsfamilie, das soziale Umfeld aber auch die Landschaft, in der wir aufgewachsen sind, prägen uns. In unserer frühesten Kindheit sind wir den Einflüssen aus der Erwachsenenwelt ausgeliefert. Diese Einflüsse prägten uns nachhaltig. Vor allem in der Lebensmitte werden sich viele Menschen dessen bewusst, wenn sie auf ihr vergangenes Leben zurückschauen.

Viele Prägungen sind in Ordnung, manche jedoch bremsen uns. Spürbar wird dies, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen, die unsere Wohlfühlzone bedrohen. Meist ist es dieser eine Schlüsselsatz (Karl Frielingsdorf), der sich als Glaubenssatz in uns festgesetzt hat. Zum Beispiel: "Wenn ich folgsam bin und fleißig, dann werde ich geliebt" oder: "Wenn ich mehr leiste als die anderen, dann werde ich wahrgenommen." Kommt man dem persönlichen Schlüsselsatz auf die Spur, kann man ihn auflösen oder umwandeln und der Weg wird frei für Heilung und Entfaltung.

"Sich lernend verwandeln". Dieser schlichte Satz von Andre' Heller, bringt diese komplexe Thematik auf den Punkt. Es gibt viele Wege, sich lernend zu verwandeln. Einer davon ist die Biografiearbeit.

Von der Wurzel über den Stamm bis zur Krone. Biografiearbeit ist ein liebevolles und distanziertes Zurückschauen auf das eigene Leben, um das Verstehen der Gegenwart möglich zu machen und in eine eigenverantwortliche und gestärkte Zukunft hineinzuwachsen.

Der Baum als Symbol für den Lebensbaum

In der Biografiearbeit verwende ich gerne den Baum als Metapher für unseren Lebensbaum. Der "Baum" ist mit uns verwandt. Ohne Bäume ist kein menschlichs Leben möglich. Franz von Assisi erkannte im Baum seinen Bruder. In den Mythologien vieler Völker spricht man vom Weltenbaum. Dessen Wurzeln tief in die Unterwelt ragen, während die Krone in den Himmel wächst. Der Stamm symbolisiert das irdische Leben. In der nordischen Mythologie der alten Germanen, wurde dieser Weltenbaum Yggdrasil genannt.

In der Bibel ist der Baum der Erkenntnis sogar das Symbol für eine nachhaltige Entscheidung: Jene Entscheidung Eva's, sich dem Leben mit allen Höhen und Tiefen zuzuwenden und das paradiesische Dasein damit zu verlassen.(eigene Interpretation)

Buddha erlangte seine Erleuchtung unter einem Bodhibaum.  

Fotos Mariazellpilgern

Wurzel-Stamm-Krone

"Lange tat ich wie es Brauch war. Bis ich aus dem Kreise sprang. Jauchzend flog ich in die Welt, um voll Sehnsucht zurückzukehren in den Wald." (Peter Rosegger)

Dieses Zitat ist für mich mehr als romantische Poesie. Dahinter verbirgt sich große Weisheit. Der Brauch steht für alte Denkmuster, Traditionen, Glaubenssätze und festgefahrene Verhaltensmuster. Wenn wir es schaffen, unseren "Kreis" des Gewohnten und Vertrauten zu überspringen und den Mut haben, auf diesen "Brauch" hinzuschauen, loszulassen und wenn nötig umzuwandeln, können uns starke Flügel wachsen und die Welt steht in all ihrer Vielfalt offen. Zurückzukehren in den Wald heißt auch, sich ausgesöhnt zu haben mit der Vergangenheit und mit unseren Wurzeln. Ich bin überzeugt, dass es nicht funktioniert, sich seiner Wurzeln zu entledigen und, wie manche Menschen es tun, sie zu verleugnen.

Wurzellosigkeit macht uns zu Entwurzelten. Die Gefahr von den Stürmen der Welt hinweggefegt zu werden, ist damit sehr hoch.

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Biografisches Unterwegssein mit allen Sinnen

Ein besonders schöner Zugang - den Weg zu sich zu gehen - ist das biografische Arbeiten, in Verbindung mit Unterwegssein in der Natur. Das, was über das kreative Gestalten im Seminarraum entstanden ist, wird in der Natur, über das Finden von Symbolen verankert. Achtsames Gehen, Wahrnehmungsübungen, geführte Dialoge und Baummeditationen helfen, sich gefühlsmäßig zu verbinden: Mit den Wurzeln, dem Stamm und der Krone und mit dem inneren Kompass.

Wachsen und Werden

Betrachtet man die Jahresringe eines Baumes genauer, kann man daraus seine Lebensgeschichte lesen. Am Anfang sind die Ringe weiter auseinander. Der junge Baum wächst schnell, schiebt richtig an. Er ist in seiner vollen Kraft. Je älter der Baum wird, desto enger werden die Ringe. Man sieht auch, wenn er im Stress war, durch Trockenheit oder andere Belastungen. Solange die Wurzeln gut genährt sind, kann  Wachstum geschehen.

Auch aus einem gefällten Baum, kann ein Reis entspringen. (Anselm Grün)

Unser menschliches Dasein ist vergleichbar mit dem eines Baumes. In den ersten Jahrzehnten wachsen und entfalten wir uns. Machen Karriere, gründen eine Familie, erleben Hoch's und Tief's. Im dritten Lebensabschnitt stagniert das körperliche Wachstum. Erste Beschwerden tauchen auf, Beeinträchtigungen, vielleicht Behinderungen, Krankheiten und Schwächen. Doch ein "Lernend sich verwandeln" hört damit nicht auf. Auch wenn der Körper schwach wird, hat der Geist die Möglichkeit, sich immer weiterzuentwickeln. Wir reifen in unsere Weisheit. Selbst Menschem mit Demenzerkrankung entwickeln eine ganz außergewöhnliche Weisheit, die beinahe an Hellsichtigkeit grenzt. Das kann ich bei meiner Mutter beobachten. Auch wenn der Geist, für Außenstehende, verwirrt wirkt, so wächst die sensorische Wahrnehmung. Der Zugang über das Leibgedächnis spielt in der Biografiearbeit mit alten Menschen und jenen, an Demenz erkrankten, eine wichtige Rolle.

Biografiearbeit in Umbruch- und Wendezeiten

In der Lebensmitte verspüren viele Menschen den Drang, ihr Leben zu reflektieren. Persönliche und berufliche Umbrüche und Wendezeiten im Außen, wie auch im Inneren, halten uns oft gnadenlos den Spiegel vor. Vieles können wir nicht mehr erreichen. Das bedeutet, alten Träumen "lebewohl" zu sagen und ihnen nicht hinterherzutrauern, sondern neue Träume zu träumen und neue Ziele zu setzen, die mit den gegenwärten Möglichkeiten kompatibel sind. Nichts ist vorbei. Es will nur anders gedacht und gestaltet werden.

Biografiearbeit hilft beim Hineinwachsen in ein neues Lebensgefühl.

Termine 2022 - Biografisches Unterwegssein

Über die Autorin
Ingeborg Berta Hofbauer ist eine begeisterte Reisende und Entdeckerin von neuen Orten und ihren Menschen. Deren Geschichten dahinter faszinieren sie und inspirieren sie zu ihren Büchern und Blogs. Sie reist vorwiegend mit ihrem Camper und der Bahn und verzichtet weitgehend auf Flugreisen.

Ingeborg B. Hofbauer

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